Temporäres Kunstwerk mit Vinyl-Folien

Daniel Buren hat das Glasdach des Lütticher Bahnhofs mit farbigen Vinyl-Folien in ein temporäres Kunstwerk verwandelt. Das imposante gläserne Dach des belgischen Bahnhofs Liège-Guillemins erstrahlt seit einigen Monaten in ungeahnter Farbenpracht und verleiht diesem Ort des Abfahrens und Ankommens eine einzigartige Atmosphäre. Farbige Vinyl-Folien auf den Glasflächen sind der Grund für diese Wirkung. Sie setzen ein Zusammenspiel von Farbe, Licht und Reflexionen in Gang, das den riesigen Bahnhof kontinuierlich verändert.

Wichtiger Verkehrsknotenpunkt

Der Lütticher Durchgangsbahnhof des spanisch-schweizerischen Architekten Santiago Calatrava wurde 2009 eröffnet. Seitdem übernimmt er die Funktion als wichtiger Verkehrsknotenpunkt unter anderem für viele europäische Hochgeschwindigkeitszüge. Ein geschwungenes, nach allen Seiten offenes Glasdach erhebt sich majestätisch bis zu 40 Meter hoch über das Gleisbett. Die eindrucksvolle Dachkonstruktion sollte durch Daniel Buren künstlerisch gestaltet werden.

Für die künstlerische Gestaltung des riesigen geschwungenen Glasdachs des Lütticher Bahnhofs kamen 10.000 m2 Vinyl-Folien zum Einsatz.
(alle Fotos: Daniel Buren, “Comme tombées du ciel, les couleurs in situ et en mouvement”, travail in situ (détail) – Gare de Liège-Guillemins – 2022-2023. © Photo: J-L Deru © Daniel Buren, ADAGP, Paris.)

Der bekannte französische Maler und Bildhauer nahm sich dieser außergewöhnlichen Aufgabe nur zu gerne an und arbeitete hier – wie auch bei vielen anderen Projekten – mit selbstklebenden farbigen Vinyl-Folien. Seine Installation mit dem Namen „Comme tombées du ciel, les couleurs in situ et en mouvement“ bestimmt das Aussehen des Lütticher Bahnhofs nun ein ganzes Jahr lang und wird noch bis Ende Oktober 2023 erhalten bleiben.

Vinyl-Folien mit einmaliger Farbwirkung

Das imposante gewölbte Glasdach des Bahnhofs ist 200 Meter lang. Es wurde von Alpinisten und Fassadenkletterern mit Folien in Pink, Grün, Blau, Weiß und Orange beklebt und sprüht nun vor Lebendigkeit. Farbige und weiße Zonen wechseln sich dabei so ab, dass ein gleichförmiges Schachbrettmuster entsteht.

Das Licht, das durch die transluzenten farbigen Folien fällt, verwandelt den Bahnhof mit seinen Zügen, Gleisen und Bahnsteigen in eine farbige Projektionsfläche.

Wer denkt, dass die Farbabfolge einer gestalterischen Eingebung folgt, liegt falsch. Buren hat die Farben ganz einfach von links nach rechts in der Reihenfolge des französischen Alphabets angeordnet. Auf den beiden gegenüberliegenden Seitenflügeln des Daches kamen dagegen die Farben Rot und Gelb abwechselnd mit transparenten Flächen in der für Buren so typischen Streifenform zum Einsatz: eine Hommage an das gelb-rote Wappen von Lüttich.

Vergängliche Farbprojektionen

Die insgesamt 10.000 m2 Vinyl-Folien auf dem Bahnhofsdach filtern das Sonnenlicht und erzeugen im Verlauf von Tages- und Jahreszeiten sowie Wetterverhältnissen eine stetig wechselnde Licht- und Farbstimmung unter dem Baldachin. Nichts anderes bezweckt Buren mit seiner Installation. Ob Bahnsteige, Züge, Menschen oder Gleise: Überall unter dem Glasdach entstehen Farbprojektionen, die ebenso schnell verschwinden wie sie entstanden sind. Wie temporäre Gemälde, deren Vergänglichkeit überall spürbar ist.

Ein Meer aus Farben: Das mit bunten Folien beklebte Glasdach wölbt sich bis zu 40 Meter hoch majestätisch über den Lütticher Bahnhof.

Meister der Streifen

Buren, 1938 in Boulonge-Billancourt bei Paris geboren, hat sich mit seiner Konzeptkunst weltweit einen Namen gemacht. Seine Arbeiten entwickelt er immer direkt vor Ort. Schon seit 1960 arbeitet er gerne mit einer Abfolge von Streifen in immer gleichen Abmessungen. Bekanntheit erlangte der französische Künstler vor allem durch seine Arbeiten im öffentlichen Raum, die oft temporären Charakter haben.

So gestaltete er zum Beispiel die Gebäudehülle der „Fondation Louis Vuitton“ in Paris mit ihren Glassegeln mit den für ihn so typischen verschiedenfarbigen Vinyl-Folien. Fast schon schade, dass diese später wieder entfernt wurden. So, wie es auch beim Bahnhofsprojekt in Lüttich der Fall sein wird, dessen künstlerische Gestaltung ohne externe finanzielle Unterstützung nicht möglich gewesen wäre. Den Großteil der Gesamtkosten von etwa 600.000 Euro steuerten unter Federführung der belgischen Uhoda-Gruppe mehrere Sponsoren bei: ein großzügiges Geschenk an die vielen Bahnreisenden und Touristen, aber auch an die Einwohner von Lüttich.

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