Sonnenschutzfassade in Harburg: Immer gut beschattet

Der Harburger Binnenhafen gilt als „kleine Schwester der HafenCity“ und gehört zusammen mit dem historischen Stadtteil Harburg zum neuen Quartier „Channel Hamburg“. Er ist neben den Stadtteilen Wilhelmsburg und Veddel Teil des Präsentationsgebietes 2013 der Internationalen Bauausstellung Hamburg. Ihr Ziel ist es, das Hafenareal mit seiner attraktiven innenstadtnahen Lage auch für die Wohnbevölkerung zu erschließen und neue Freizeitangebote zu schaffen.

Dabei soll die über 800-jährige Geschichte des Binnenhafens eine zentrale Rolle spielen, schließlich vereint dieses Gebiet auf engstem Raum traditionelle Straßenzüge und industrielle Strukturen aus der Blütezeit des Schiffbaus und des Seehandels. Politik und Investoren haben sich deshalb darauf verständigt, den städtebaulichen Wandel durch eine Anpassung der historischen Strukturen an die heutige Nutzung zu erreichen und einen allzu radikalen Umbau zugunsten des Neubaus zu vermeiden. Am Beispiel des KaiSpeichers im Harburger Binnenhafen lässt sich dieses Konzept anschaulich nachempfinden, ebenso wie die Aufbruchsstimmung im Hamburger Süden.

Sonnenschutzfassade in Harburg
(Fotos: Colt International GmbH)

Vierteiliger Gebäudekomplex

Der KaiSpeicher ist ein vierteiliger Gebäudekomplex im Harburger Binnenhafen, der historische und moderne Architektur gelungen kombiniert. Der Getreidespeicher wurde im Jahr 1928 ursprünglich für die Harburger Mühlenbetriebe erbaut. Kurz nach der Jahrtausendwende gelangte die aus separaten Silos bestehende Speicheranlage in den Besitz der Lorenz Vogler GbR Hamburg. Die Gesellschaft ließ zwei der insgesamt vier Silos entfernen, erhielt die beiden mittleren Gebäude und baute sie zu einem modernen Bürokomplex um.

Die denkmalgeschützten Backsteinsilos bilden bis heute das Zentrum des KaiSpeichers, der an beiden Seiten durch Neubauten ergänzt wurde. Einer davon entstand nach Plänen der Hamburger Architektin Nina Vogler, die ein gläsernes Gebäude mit einer außergewöhnlichen Sonnenschutzfassade entwarf. Die Verschattungselemente schützen vor großer Sonneneinstrahlung und damit auch vor Raumüberhitzung.

So ist es möglich, die Kühllast des Gebäudes zu reduzieren und Energie in beträchtlichem Umfang einzusparen. Schließlich verbrauchen moderne gläserne Bürogebäude heute meist mehr Energie für die Kühlung im Sommer als für die Heizung im Winter. Eine Studie des Physibel-Instituts Maldegem/Belgien zeigt das enorme Einsparpotenzial durch den Sonnenschutz beim Energieverbrauch in Europa. Jährlich könnten 80 Millionen Tonnen CO2 bei der Gebäudekühlung und 31 Millionen Tonnen CO2 bei der Gebäudeheizung eingespart werden.

Fassade in Wellenform

Harburg hat das Unternehmen Colt International nach den Wünschen der Architektin gebaut und später installiert. „Die anspruchsvolle Sonnenschutzfassade besteht aus teils beweglichen und teils feststehenden Schiebeläden, die mit PVC-beschichtetem Gewebe bespannt sind. Das Besondere daran sind die verschiedenen Neigungswinkel der einzelnen Sonnenschutzläden, so dass die Elemente pro Etage in verschiedenen Winkeln zur Fassade stehen“, erklärt Peter van Alst von Colt International. Auf diese Weise erhält die filigran wirkende Außenhülle ihre charakteristische Wellenform: eine Anspielung an die maritime Umgebung des ehemaligen Getreidesilos.

An der Ostfassade des KaiSpeichers wurden 207 abwechselnd bewegliche und starre Sonnenschutzläden montiert. Wenn sich ein Schiebeladen öffnet, kann er hinter ein feststehendes Element gleiten. Durch die ständigen Bewegungen erinnert die graue Fassadenfront an eine wogende Wasseroberfläche. Anders als an der Südseite des Gebäudes, wo für einen Fassadenstreifen 27 ausschließlich feststehende Elemente zum Einsatz kamen.

(Fotos: Colt International GmbH)

Filigrane Ausstrahlung

Der leichte und filigrane Eindruck der vorgehängten Sonnenschutzfassade entsteht maßgeblich durch das Membrangewebe, das in die eloxierten Aluminiumrahmen der Schiebeelemente gespannt ist. Es handelt sich um ein beidseitig mit PVC beschichtetes Netzgittergewebe aus Polyester, das hochgradig UV-beständig und schwer entflammbar ist. Das Beschattungsmaterial schirmt einerseits die Sonneneinstrahlung ab, bietet aber gleichzeitig eine hohe Transparenz. So können die Büronutzer des KaiSpeichers ungehindert den schönen Ausblick in den Harburger Hafen genießen und bei natürlichem Tageslicht arbeiten, das keine Energie verbraucht und unser Wohlbefinden nachweislich steigert.

An der Gebäudefassade befestigt wurde die markante Sonnenschutzfassade mit Hilfe einer Konstruktion aus Stahlschwertern und Riegelprofilen. Die mobilen Schiebeläden werden mit Rollwagen über entsprechende Führungsschienen befördert.

Steuerung mit Zeitfenstern

Die zentrale Steuerung der Sonnenschutzanlage wurde mit festen Zeitfenstern programmiert. Damit ist zu jeder Tageszeit eine optimale Verschattung der Büroräume gewährleistet. Automatische Wind- und Frostwächter sorgen außerdem dafür, dass die Anlage bei extremen Witterungsverhältnissen in die Ruheposition gefahren wird. Auch manuell können die Menschen im KaiSpeicher Einfluss darauf nehmen, wie viel Sonne in die Büroräume gelangt. Mit Handtastern in den Innenräumen lassen sich die Schiebeläden ganz individuell positionieren. So sorgt das ausgefeilte System für ein angenehmes Arbeiten in dem neuen Bürogebäude.

Als Teil des KaiSpeichers hat sich der Neubau zusammen mit dem Channel Tower und dem Silo Schellerdamm zu einem Wahrzeichen des neu gestalteten Harburger Binnenhafens entwickelt. Der Wirtschafts- und Forschungsstandort im Süden Hamburgs gilt schon heute als In-Viertel, weil er die Geschichte des einstmals renommierten Industriehafens so gelungen mit moderner Architektur kombiniert.

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