Taschen aus Vinyl: Zweites Leben als Designerstück

PVC beschichtete Gewebe bleiben über die geplante Nutzungsdauer in Form. Taschen aus Turnmatten oder Lkw-Planen werden zum strapazierfähigen Accessoire mit dem gewissen Etwas.

Sogenanntes Weich-PVC ist langlebig und wirtschaftlich. Nicht umsonst wird das Material gerne genau dort eingesetzt, wo die Anforderungen besonders hoch sind. Und selbst wenn der erste Lebenszyklus an seine natürliche Grenze gerät, hat das Material nichts von seinem Reiz eingebüßt. Im Gegenteil: Zwei eindrucksvolle Beispiele belegen, dass Used-Vinyl einen besonderen Reiz ausstrahlt und den Trend zur Individualisierung bedient.

Sie zeigen, wie sich ein findiges Unternehmen und eine intelligente Initiative die einzigartige Kombination aus hervorragenden Gebrauchseigenschaften und den ästhetisch-haptischen Alleinstellungsmerkmalen des PVC zunutze machen, um modische Unikate zu kreieren.

Aus alten Turnmatten aus Vinyl und Leder werden Designertaschen

Auf die Idee, Taschen aus alten Turnmatten herzustellen, kam Bernd Dörr im Jahr 2007. Auf einem Hinterhof entdeckte Dörr einen Haufen alter Turnmatten und einige defekte Turngeräte. Bereitgestellt für den Sperrmüll wartete das Sammelsurium aus Vinyl und Leder auf die finale Fahrt zur Verwertung. Die kam dann auch. Nur anders als geplant. Fasziniert von den Gebrauchsspuren der Turnmatten und der glänzenden Oberfläche des Leders war sie blitzschnell da – die Idee, Taschen und andere Utensilien aus den mit Vinyl bezogenen Matten und dem Leder zu nähen.

Die Vision: eine Vinyl-Taschen-Marke mit sportivem Charakter zu schaffen, die Emotionen weckt und vielfältige Erinnerungen bei den Menschen wachruft. Auch der Name der Firma war schnell gefunden: ZirkeltrainingTM – Erinnerungen an die quälenden Momente des eigenen Schulsports inklusive. Gemeinsam mit der Fotografin Maria Brinkop und dem Model Sara-Pia Zimmermann gab Markus Kreykenbohm, Retro-Werber und rechte Hand des Turnvaters Dörr, den Taschen von Zirkeltraining TM einen unverwechselbaren Markenauftritt.

Das blaue Wunder – Vintage-Vinyl-Taschen aus Turnmatten

Ob Sporttasche, Laptop-Sleeve oder sichere Hülle für Smartphones – die handgearbeiteten Vintage-Unikate aus Vinyl und Leder werden seit Jahren erfolgreich unter dem Label ZirkeltrainingTM vertrieben – und sind ausschließlich in ausgewählten Ladengeschäften erhältlich. So gut und so einfach, dass es der Turnvater Dörr noch heute kaum glauben kann: „Manche Ideen sind so simpel und naheliegend, dass man sich wundert, warum sie noch nicht eher ausgedacht wurden.“

Aus Turnmatten werden coole Vintage-Vinyl-Taschen. (Foto: Zirkeltraining)

Das klingt nach Demut und Bescheidenheit. Doch hinter seinen Taschen aus gebrauchten Turnmatten steckt harte Arbeit. Ein Blick auf die Details zeigt, wie professionell Dörr seine Idee entwickelt hat. Neben dem Leder, das im ersten Leben als Bezug für Turnböcke und -kästen gedient hat, sind vor allem die PVC-beschichteten Gewebe alter Turnmatten das Hauptmaterial der vinylen Unikate. Der genoppte mittelblaue Vinylbezug harmoniert wunderbar mit dem Used-Look des braunen Leders. Besonders bemerkenswert: Erst das Recycling des Vinyls und der Leder-Applikationen macht aus den Taschen von ZirkeltrainingTM echte Unikate.

Soziale Vinyl-Taschen aus gebrauchten Lkw-Planen

Dass modernes PVC-Recycling nicht nur optische und praktische Akzente setzen kann, sondern mit einer sozialen Komponente zu überzeugen weiß, zeigt die Lebenshilfe Bruchsal-Bretten. Vor Ort fertigen Menschen mit Behinderungen modische Taschen aus alten Lkw-Planen und Werbebannern. Die clevere Idee: Angeliefert werden die ausgemusterten PVC-Bahnen genau von den Unternehmen, die sie im harten Alltag bis dato eingesetzt hatten. Nach der Aufbereitung der Lkw-Planen und der Verarbeitung zu modernen Taschen erhalten die Unternehmen ihre Vinyl-Planen als fertige Taschen zurück.

Die Idee, LKW-Planen und Werbebanner aus Vinyl auf diese Art und Weise aufzubereiten, zeichnet sich gleich auf zweifache Weise aus. Einerseits besticht die Initiative mit einem hohen sozialen Engagement, andererseits verlängert sich die Nutzungsdauer des Vinyls beträchtlich.

Die schönen Vinyl-Recyclingtaschen werden von einem Team der Lebenshilfe Bruchsal-Bretten angefertig. (Foto: COMEBAGS, Lebenshilfe Bruchsal-Bretten)

Ideengeber des Projekts ist Christian Tschürtz. Dem Grafiker missfiel die Vorstellung, dass widerstandsfähige Mesh-Gewebe, Werbebanner und Lkw-Planen, die vielfach aus PVC-beschichtetem Material bestehen, am Ende des Lebenszyklus auf dem Müll landen. Gemeinsam mit der Lebenshilfe Bruchsal-Bretten startete Tschürtz das Projekt Combags. Noch März 2013 konnte das Projekt die Produktion von Vinyltaschen aus gebrauchten Lkw-Planen anbieten. Rasch kamen mit Dokumentenmappen oder Tablethüllen weitere Produkte hinzu.

Fair produzierte Taschen aus Lkw-Planen liegen voll im Trend

Das Geschäftsprinzip ist gleichermaßen einfach wie durchdacht: Unternehmen liefern gebrauchte Werbebanner oder Lkw-Planen an, wählen ein Taschenmodell aus und erteilen den Auftrag zur Fertigung. Anschließend startet die Produktion: Menschen mit Behinderung stanzen, reinigen und nähen die Lkw-Planen und Werbebanner zu Taschen mit modernem Design. Auf Wunsch veredeln sie das Ganze sogar mit dem Logo des Auftraggebers und kreieren so Taschen, die voll im Trend liegen.

Das Ergebnis beeindruckt: Im Resultat entstehen stylishe Unikate aus Vinyl, die hervorragend als Werbeträger oder Giveaways für Kunden eingesetzt werden können. Inspiriert von der Fairtrade-Idee erhalten alle Beteiligten der Wertschöpfungskette einen fairen Anteil des Erlöses – ein wichtiger Aspekt für Unternehmen, die sich im Bereich CSR (Corporate Social Responsibility) engagieren.

Erstaunlich: Die Recyclingprodukte aus gebrauchten Lkw-Planen und alten Werbebannern lohnen sich für viele Unternehmen auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Mit mehr als 20 Beschäftigten müssen Unternehmen normalerweise Ausgleichszahlungen leisten, wenn sie nicht eine ausreichende Zahl an Menschen mit Behinderung beschäftigen. Mit der Produktion von Taschen aus Vinyl können Arbeitgeber eventuell fällige Ausgleichszahlungen entsprechend gegenrechnen.

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